SBF-Praxis


09.04.2017
Endlich geht es los! Endlich dürfen wir uns für wochenlanges Lernen mit praktischem Unterricht belohnen! Wir treffen uns mit einer kleinen Teilgruppe unseres Vorbereitungskurses (über den die praktische Ausbildung organisiert wurde) an der Marina im Duisburger Binnenhafen.

Das Boot, das wir bald steuern sollen, ist eine gut acht Meter lange Sagatour 27 mit dem Namen Gisel A. Ausbilder Dieter zieht uns direkt mal gut gelaunt einen Zahn: „Ich kann euch in der kurzen Zeit nicht beibringen, wie man Boot fährt. Ich bringe euch bei, wie ihr die Prüfung besteht“. Kurz mal schlucken. Aber natürlich hat er Recht. In zwei kurzen Praxiseinheiten mit vier bis fünf Schülern an Bord reicht die Zeit einfach nicht für mehr. Aber mehr ist ja auch erst einmal nicht erforderlich (und kann im Zweifel auch problemlos nachgebucht werden).

Unser Übungsrevier

Während die Gisel A noch am Steg festgemacht ist, erklärt Dieter die Grundeigenschaften des Bootes und die wenigen Bedienelemente, die uns für die Prüfungsfahrt interessieren müssen. Ich hatte eigentlich vor, mich für das erste Ablegen und die Fahrt zum größeren Becken, in dem wir üben sollen, schön im Hintergrund zu halten. Irgendwie schlägt mein Plan jedoch fehl und ich finde mich unversehens hinterm Steuer wieder. Nun gut, ich bin ja auch zum Bootfahren hierhin gekommen. Geht auch alles glatt. Auf dem Weg zum Becken gibt Dieter schon mal ein paar Tipps für die Prüfung und plaudert ein bisschen aus dem Nähkästchen. Und dann wird es ernst. Wir nehmen nun erst einmal jedes Manöver einzeln durch, das wir für die Prüfung können müssen. Und zwar sind das die folgenden Pflichtmanöver, die in jedem Fall drankommen und die alle bestanden werden müssen:

1. Rettungsmanöver unter Maschine
(Mensch über Bord)
2. Anlegen unter Maschine
3. Ablegen unter Maschine
4. Steuern nach Kompass
5. Peilen; Einfache oder Kreuzpeilung

Und die sonstigen Manöver, von denen drei drankommen und mindestens zwei ausreichend ausgeführt werden müssen:

1. Kursgerechtes Aufstoppen
2. Wenden auf engem Raum
3. Steuern nach Schifffahrtszeichen/
Landmarken
4. Anlegen einer Rettungsweste/
eines Sicherheitsgurts
5. Manöverschallsignal (eins von drei)

Die Manöver werden alle mit eingekuppeltem Motor und Standgas gefahren, wir sind also wirklich langsam unterwegs. Aber trotzdem kommt einem das alles ganz schön rasant vor, zumal das Hafenbecken auch nicht so riesig ist.

In dieser ersten Praxiseinheit proben wir jedes Manöver einzeln und wechseln solange, bis jeder das Manöver gefahren ist. Bei unserem zweiten praktischen Unterricht werden wir dann eine richtige Prüfung simulieren.


23.04.2017
Da ist er auch schon, der zweite Praxisunterricht. Dieses Mal fährt jeder von uns eine ganze simulierte Prüfungsfahrt durch, und als alle damit durch sind, das Ganze noch mal von vorne. Diese Variante gefällt uns deutlich besser; man kann sich einfach besser konzentrieren, wenn man ein paar Minuten am Stück am Steuer sitzt. Die meisten von uns sind sehr zuversichtlich für die Prüfung. Wenn da alles so klappt wie heute, dann sollte das schon hinhauen.

Ein paar Tipps aus der Praxis:

Verständigung an Bord
Auf dem Boot ist es vermutlich relativ laut. Der Motor wummert, die Wellen platschen gegen den Rumpf, vielleicht gibt es auch noch Wind. Umso wichtiger ist es, dass die Verständigung laut und deutlich geführt wird. Je sicherer Ihr dabei klingt, desto besser ist auch der Eindruck, den Ihr beim Prüfer hinterlasst. Wenn Ihr Kommandos gebt, dann sollten die nicht nach einer Frage klingen. Wichtig ist auch, dass Ihr die Kommandos, die Euch der Prüfer gibt, laut und deutlich wiederholt. Wenn er zum Beispiel das Kommando „neuer Kurs: 130°“ gibt und Ihr habt aber nur 30° verstanden, dann hat er so die Gelegenheit, Euch zu korrigieren oder sich aus Nettigkeit für den von Euch falsch gehörten Kurs umzuentscheiden. Bestätigt Ihr ihm sein Kommando nicht, fahrt Ihr 100° daneben und die Aufgabe ist nicht bestanden.

Himmelsrichtungen
Wenn Ihr Eure Prüfung im gleichen Revier fahrt wie den Praxisunterricht, dann prägt Euch doch schon mal so ganz grob die Himmelsrichtungen in eben diesem Revier ein. Wenn es um das Steuern nach Kompass geht, wird Euch eine mehr oder weniger willkürliche Gradzahl angesagt, in deren Richtung nun gesteuert werden soll. Und dabei wird erwartet, dass Ihr diesen Kurs auf kürzestem Wege erreicht. Soll heißen: Wenn Ihr aktuell 005° fahrt, und sollt jetzt auf 050° drehen, dann solltet Ihr nach Steuerbord lenken. Und das fällt viel leichter, wenn Ihr nicht erst überlegen müsst, in welcher Richtung 050° aktuell ist.

Gegenkurs
Uns wurde gesagt/angekündigt/angedroht, dass es sein kann, dass der Prüfer das Kommando gibt, auf den Gegenkurs des aktuellen Kurses zu drehen. Je nach Kompass kann man den dort direkt ablesen, in der Gisel A allerdings z.B. nicht, dort sieht man nur jeweils die 60° rechts und links vom aktuellen Kurs. Also sollte man vorher üben, den Gegenkurs schnell mal zu errechnen. Das geht auch wirklich einfach, man muss nur entweder 180° addieren oder subtrahieren. Und zwar von 000-180° Kompasskurs addieren, darüber subtrahieren. Wer (wie ich) nicht so gut im Kopfrechnen ist, kann sich die Sache noch einfacher machen, indem man statt +180 einfach +200 und dann -20 rechnet, oder eben -200 und +20.

Beispiel:
Aktueller Kurs: 050°
Gegenkurs: 50+200-20= 230°

oder bei über 180°:
Aktueller Kurs: 240°
Gegenkurs: 240-200+20=60°

Einfach ein bisschen üben, das habt Ihr schnell raus.

Gradzahlen
Jetzt noch ein ganz wichtiger Hinweis zum Thema Gegenkurs, aber auch zum Thema Kurse an sich. Der Kompass in Eurem Prüfungsboot wird aller Wahrscheinlichkeit nach kein digitaler sein, den man auf das Grad genau ablesen kann, sondern vermutlich eher so etwas wie auf dem Bild des Steuerstandes oben. Selbst wenn man dort vom Steuerstand aus tatsächlich ablesen könnte, dass man Kurs 067° läuft, der Prüfer von seinem etwas anderen Blickwinkel aus kann es ganz bestimmt nicht mehr. Ihr fahrt also Kurs 070°, klar? Das spart Euch Rechnerei und Nerven.

Zu den einzelnen Manövern:

Pflicht:

1. Rettungsmanöver unter Maschine (Mensch über Bord)
Das Ding muss sitzen, da gibt es nix. Ihr werdet die Abläufe durchgehen, prägt sie Euch gut ein. Je nach Prüfer ist Eure Prüfung sofort beendet, wenn nicht wenigstens sofort ausgekuppelt wird bei „Boje über Bord“. Nach dem Auskuppeln und dem sofortigen Schwenk Richtung Boje habt Ihr aber wieder einen Moment zum Durchschnaufen, also nur die Ruhe und lieber alles richtig machen als zu schnell. Achtung, Falle! Auf unserem Boot war es so, dass es nur an Steuerbord die Möglichkeit gab, die Boje über Bord zu werfen. Somit wäre also der Ruf „Boje über Bord an Steuerbord“ korrekt gewesen, gefolgt von einem sofortigen Drehen des Bootes nach Steuerbord, um das Heck (und damit die Schraube) von unserem Opfer wegzudrehen. Es konnte aber passieren, dass der Prüfer „Boje über Bord an Backbord“ gerufen hat. In dem Fall war unbedingt nach Backbord zu drehen! Auch wenn man es an Steuerbord hat platschen hören!

2. Anlegen unter Maschine
Die meisten Boote haben eine Schokoladenseite, an der sie besser anlegen, oder der Wind drückt einen an der einen Seite besonders günstig an den Steg. Ihr solltet aber in jedem Fall an beiden Seiten anlegen können, denn einerseits kann der Prüfer sich eine Seite aussuchen, andererseits kann der Wind am Prüfungstag plötzlich aus einer anderen Richtung wehen…

3. Ablegen unter Maschine
Hängt stark vom Boot ab, werdet Ihr ausreichend üben. Ist aber auch so ziemlich das einfachste Manöver.

4. Steuern nach Kompass
Wie oben beschrieben gerade Zahlen angeben, auf dem kürzesten Wege zum neuen Kurs, und wenn’s geht nicht über den neuen Kurs hinaussteuern (also die Drehbewegung nicht erst abbrechen, wenn der neue Kurs schon auf dem Kompass steht). Wenn Ihr auf einem bestimmten Kompasskurs geradeaus fahren sollt, dann sucht Euch auf die Schnelle mal irgendeine Landmarke direkt vorm Bug, wenn ihr den Kurs erreicht habt. Es ist viel leichter, darauf genau zuzufahren als mit Blick auf den Kompasskurs.

5. Peilen; Einfache oder Kreuzpeilung
Hier kriegt Ihr einen Peilkompass in die Hand gedrückt und sollt man eben eine Landmarke anpeilen. Runden auf 5er Gradzahlen sollte normal dicke ausreichen. Keine große Sache.

Kür:

1. Kursgerechtes Aufstoppen
Hängt stark vom Boot ab, bei unserem sollten wir zu Beginn des Manövers kurz mal 30° nach Backbord lenken, um den Radeffekt auszugleichen. Auch bei diesem Manöver ist es eine gute Idee, sich vor dem Abstoppen eine Landmarke vor dem Bug auszusuchen, und dann auf diese statt auf den Kompasskurs zu achten. Wichtig: Das Manöver ist erst vorbei, wenn ausgekuppelt ist.

2. Wenden auf engem Raum
Haben wir nicht wirklich geübt, ist eine ziemliche Quälerei für das Getriebe des Bootes, weil man ständig vor- und zurückschaltet.

3. Steuern nach Schifffahrtszeichen/Landmarken
Wird wahrscheinlich bei der SBF-See-Prüfung nicht kommen, weil man da ja schon nach Kompasskurs steuert. Sollte man natürlich trotzdem mal gemacht haben.

4. Anlegen einer Rettungsweste/eines Sicherheitsgurts
Leicht verdiente Punkte.

5. Manöverschallsignal (eins von drei)
Auch hier können wir uns leicht Punkte verdienen, denn es gibt ja nur drei Signale im Seebereich.

1x kurz für Drehen nach Steuerbord
2x kurz für Drehen nach Backbord
3x kurz für „Maschine läuft rückwärts“ (Achtung, das muss nicht zwingend bedeuten, dass Ihr auch schon rückwärts fahrt! Beim Aufstoppen wäre das z.B. auch schon richtig.)

Dieser Prüfungsteil wird gerne von Prüfern mal eben im Nebensatz abgefragt oder in Verbindung mit einer anderen Aufgabe gebracht.
„Welcher Kurs liegt an?“
„Kurs 090“
„Wenn Sie auf Kurs 180 drehen würden, welches Schallsignal würden Sie dann geben“?
So in der Art.

Zu guter Letzt: Wenn Euch ein Manöver missglückt, dürft Ihr es 1x wiederholen. Wenn es dann klappt, ist alles gut und die Prüfung geht weiter als ob nichts gewesen wäre. Es kann auch sein, dass der Prüfer Euch erst einmal ein anderes Manöver fahren lässt. Richtet Euch in jedem Fall nach seinen Anweisungen. Und macht Euch bloß nicht verrückt, wenn einmal was schiefgeht.

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